HOLOBIONT. LIVE IS OTHER

Am Mittwoch, 14. April 2021, fand die Pressekonferenz der Landeshauptstadt Bregenz zur Ausstellung HOLOBIONT. LIVE IS OTHER im Magazin 4 statt.

HOLBIONT.LIVE IS OTHER

Ausstellungseröffnung: 16. April 2021, 15 – 19 Uhr

Ausstellungsdauer: 17. April – 20. Juni 2021

Magazin 4, Bergmannstraße 6, 6900 Bregenz

 

Wir werden von Bakterien und Viren besiedelt, so wie wir Menschen Häuser, Städte und Umgebungen besiedeln. Wir dienen auch als Wirte für Ideologien, Medien und Technologien. Der 1991 von der Biologin Lynn Margulis geprägte Begriff ‚Holobiont’ beschreibt uns als ein von der Biosphäre durchdrungenes Gesamtlebewesen. ‚Holobiont’ sprengt das Selbstverständnis individuellen Lebens, vernetzt uns über unser Mikrobiom symbiontisch mit anderen Organismen, stört die Teilung in Subjekt und Objekt und kränkt unser gewohntes Ich-Konzept.

Die sozialen und psychischen Transformationen der letzten Monate bringen ins Bewusstsein, dass ‚Leben’ vor allem jenes anderer als menschlicher Akteure ist.

Einfache Grenzziehungen halten dieser Dynamik nicht mehr stand. ‚Wir’ erfahren ‚uns’ als transitorische Wesen, die zwischen digitalen und molekularen Welten treiben und spüren die Grenzverwindungen in uns als Möglichkeit einer neuen Sprache jenseits einer symbolischen Distanz zur Welt. 

Mit der Ausstellung HOLOBIONT.LIVE IS OTHER zeigt das Magazin 4 Körper, Umwelten, Texte, Medien, Maschinen und biologische Organismen – verdichtet zu zehn Bildräumen, von denen jeder eine Erzählung über ein anderes Leben und über das Leben der anderen darstellt: LIFE IS OTHER! Anhand verschiedener Methoden, theoretischer Konzepte, Prozesse und Metaphern wird die Galerie zu einem "Holospace" – einem Magazin im Magazin.

Beteiligte Künstlerinnen und Künstler

Art Orienté Objet, Irini Athanassakis, David Berry, Julia Borovaya, Juan M. Castro & Akihiro Kubota, Tagny Duff, Thomas Feuerstein, Ana Maria Gomez Lopez, Luis Hernan/Pei-Ying Lin/Carolina Ramirez-Figueroa, Nigel Helyer, Hideo Iwasaki, Henrik Plenge Jakobsen, Eduardo Kac, Lynn Margulis/Dorion Sagan/Bruce Clarke, Yann Marussich, Agnes Meyer-Brandis, Gerald Nestler, ORLAN, Špela Petrič, Chris Salter, Maja Smrekar, Klaus Spiess, Lucie Strecker/KT Zakravsky, Franco Vaccari, Paul Vanouse, M R Vishnuprasad, Peter Weibel

Kuratiert von Thomas Feuerstein, Jens Hauser, Judith Reichart, Lucie Strecker

Rückfragehinweis für die Redaktionen:

Mag. Judith Reichart, Telefon: +43 5574 410 1510, E-Mail: kultur@bregenz.at

Mit Dank an
 

Subventionsgeber: Land Vorarlberg, Abteilung Kultur


Sponsoren: ILLWERKE VKW AG und UNICREDIT BANK AUSTRIA AG

 

 

Biographien der Künstlerinnen und Künstler

Adam Brown

Adam W. Brown ist ein Künstler und Forscher, dessen Kunstwerk eine Mischung aus Kunst, Wissenschaft und Geisteswissenschaften ist, die eine praxisorientierte Forschungsepistemologie inszeniert. Die Kunst entsteht in einem intensiv iterativen Prozess, der historische, philosophische, politische und kulturelle Untersuchungen mit wissenschaftlichen Methoden, Praktiken und intensiven Kooperationen verbindet.

Seit fast zwei Jahrzehnten besteht ein dominierender konzeptioneller Faden in seiner Arbeit darin, die Grundlagen des menschlichen Ausnahmezustands zu entschlüsseln, indem die Zwischenräume von Mythos, Metapher und Erkenntnistheorie untersucht werden, in denen wissenschaftliche Erkenntnisse und Forschungsfragen häufig Annahmen und Überzeugungen enthalten. Brown hat in 12 Ländern ausgestellt, drei renommierte Auszeichnungen vom Prix Ars Electronica, eine Vida 14-Auszeichnung und zuletzt den Hauptpreis 2020 beim Japanese Media Arts Festival erhalten.

Brown ist derzeit Associate Professor an der Michigan State University, wo er einen neuen Studienbereich namens Electronic Art & Intermedia geschaffen hat. Neben einer aktiven Lehr- und Forschungspraxis leitet Brown das BRIDGE Artist in Residency, ein Programm, das nationale und internationale Künstler in den kreativen Raum der wissenschaftlichen Forschung und Forschung an der MSU eintauchen lässt und die Künste, Wissenschaften und Geisteswissenschaften miteinander verbindet.

Bruce Clarke

Bruce Clarke ist Paul Whitfield Horn Distinguished Professor für Literatur und Wissenschaft an der Texas Tech University und war 2019 Astrobiologie-Vorsitzender an der Library of Congress. Seine Forschungsschwerpunkte sind Literatur und Wissenschaft des 19. und 20. Jahrhunderts, mit besonderem Interesse an Systemtheorie, Erzähltheorie und Ökologie. 2010-11 war er Senior Fellow am internationalen Forschungsinstitut für Kulturtechniken und Medienphilosophie an der Bauhaus-Universität Weimar. Im Sommer 2015 war er Senior Fellow am Zentrum für Literatur und Naturwissenschaften an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Er ist Herausgeber der Buchreihe Meaning Systems, die bei Fordham University Press erscheint.

Thomas Feuerstein

Thomas Feuerstein verwebt in seinen Werken Kunst, Literatur und Philosophie mit Ökonomie, Politik, digitalen Medien und Biotechnologie zu künstlerischen Narrativen. Seine Projekte untersuchen das Zusammenspiel von Individualität und Sozialität, erforschen "molekulare Skulpturen", formulieren eine Ästhetik der Entropie und entwickeln eine kybernetische "Daimonologie" kultureller Prozesse. Die Arbeiten umfassen raumgreifende Installationen, prozessuale Skulpturen, Zeichnungen, Hörspiele, Bio- und Netzkunst. Zentrale Aspekte bilden die Verknüpfung von verbalen, visuellen und materiellen Elementen, das Aufdecken latenter Überlagerungen von Fakt und Fiktion sowie die Verbindung zwischen Kunst und Wissenschaft. Feuerstein hat dafür die künstlerische Methode der "konzeptuellen Narration“ begründet. 

Thomas Feuerstein studierte Kunstgeschichte und Philosophie und promovierte 1995 an der Universität Innsbruck. Er war u.a. ab 1992 Mitherausgeber der Zeitschrift Medien.Kunst.Passagen, arbeitete an Forschungsaufträgen über Kunst und Architektur und Kunst im elektronischen Raum. Seit 1997 ist Feuerstein Lektor und Gastprofessor an Universitäten und Kunsthochschulen, derzeit Professor für künstlerische Diskurse am Institut für experimentelle Architektur/studio3 der Universität Innsbruck.

Henrik Plenge Jakobsen 

Geboren 1967 in Kopenhagen.
Henrik Plenge Jakobson ist ein dänischer Künstler, der mit verschiedenen Medien wie SkulpturInstallationen bis hin zu Performances und öffentlichen Auftritten arbeitet.

In den letzten zehn Jahren hat er sich den Ruf erarbeitet, Werke zu schaffen, die eine doppelte Einstellung hervorrufen. Seine Lachgaskammern, der gefälschte Verkehrsunfall und das Feuer sowie die farbenfrohen Logos ANGST und NASDAQ FOREVER spielten alle mit der verführerischen Kraft von Oberflächenerscheinungen sowie ihrer Fähigkeit, den zugrunde liegenden Bedeutungen und Wahrheiten zu glauben. In jüngster Zeit hat sich der Künstler darauf konzentriert, markante Installationen zu entwickeln, die verschiedene Elemente zusammenfügen, um absurde Szenarien mit mehreren Bedeutungen zu schaffen.

Jakobsen hatte unter anderem Einzelausstellungen im Nationalen Kunstmuseum in Kopenhagen, in der South London Gallery und im Portikus in Frankfurt. Seine Werke wurden in Gruppenausstellungen in Institutionen wie dem Musée d'Art Contemporain de Lyon, dem FRAC Pays de la Loire in Carquefou, dem FRAC Ile de France in Paris, der Nationalgalerie der bildenden Künste in Kopenhagen und dem Moskauer Museum für moderne Kunst gezeigt.

Orlan 

Geboren 30. Mai 1947 in Saint-Étienne als Mireille Suzanne Francette Porte. ORLAN (Eigenschreibweise) ist eine französische Künstlerin. Sie ist eine wichtige Vertreterin von Body-Art und Performance-Kunst und Begründerin der sogenannten Carnal Art. Orlan lebt und arbeitet in Los Angeles, New York und Paris.

Orlan setzt seit 1978 den eigenen Körper als Material künstlerischen Wirkens ein. Ihr Gesicht wird durch plastische Chirurgie bzw. ästhetische Chirurgie verändert. Orlan sucht Vorbilder aus der Kunstgeschichte (Venus, Diana, Europa, Psyche, Mona Lisa), berühmte Frauengestalten, die im kollektiven Bildgedächtnis vorhanden sind. Sie besteht auf dem Recht zur Veränderung des eigenen Körpers, da die technologischen Veränderungen der Gesellschaft Möglichkeiten bereitstellt, das standardisierte Ideal der Frau (schön, jung, schlank) zu durchbrechen, und das Recht auf die Gestaltung des eigenen Körpers nach eigenen Vorstellungen noch einzufordern sei.

1989 malte sie eine Paraphrase von Gustave Courbets Bild L'origine du monde (Der Ursprung der Welt) und nannte es L'origine de la guerre (Der Ursprung des Krieges). Das Bild ist in Komposition und Perspektive exakt jenem von Courbet nachempfunden, nur ist es kein weiblicher Akt, sondern ein männlicher, und die dem Betrachter zugewandte Vulva ist durch einen Phallus ersetzt. Das Werk wurde unter anderem zum hundertjährigen Gedenken nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs in einer Ausstellung in Besançon gezeigt.

Špela Petrič

Geboren 1980 in Ljubljana.
Špela Petrič ist Medienkünstlerin mit naturwissenschaftlicher Ausbildung (PhD Biomedizin), lebt und arbeitet in Ljubljana und Amsterdam. Ihre Praxis ist ein komplexes Unternehmen, eine Mischung aus Naturwissenschaft, Medienkunst und Performance. Ihre Experimente sind Inszenierungen, die die epistemologischen Grundlagen unserer technologischen Welt enthüllen und darüber hinaus potentiell Mögliches herausfordern.

Ihre Arbeiten wurden auf zahlreichen Festivals und Ausstellungen gezeigt, darunter Centre Pompidou (FR), Abandon Normal Devices (UK), Nam June Paik Art Center (KR) und Bozar (BE). Sie hat mehrere Auszeichnungen erhalten, darunter den White Aphroid für herausragende künstlerische Leistungen, den Bioart and Design Award und einen Award of Distinction beim Prix Ars Electronica.

Dorion Sagan

Geboren 1959 in Wisconsin.
Dorion Sagan ist ein berühmter Schriftsteller, ökologischer Philosoph und Autor oder Mitautor von 25 Büchern, die in fünfzehn Sprachen übersetzt wurden. Als ökologischer Theoretiker war er an vorderster Front dabei, unser wachsendes Verständnis von Symbiose als einer wichtigen Kraft in der Evolution in den intellektuellen Mainstream sowohl innerhalb der Wissenschaft als auch der Geisteswissenschaften zu bringen und den menschlichen Körper als „Multispezies-Organismus“ zu überdenken.

Sagan hat kürzlich seine lebenslangen Bemühungen fortgesetzt, den Menschen zu dezentrieren, indem er das Konzept des Cyanozäns als Reaktion auf die Debatten des Anthropozäns vorschlug

(z. B. „Coda: Schöne Monster: Terra im Cyanozän“, Kunst des Lebens auf einem beschädigten Planeten, University of Minnesota, 2017).

Sagans enge Zusammenarbeit mit mehreren Wissenschaftlern aus verschiedenen Bereichen, einschließlich Evolution, Ökologie und Thermodynamik, hat dazu beigetragen, neue, integralere und realistischere biologische Ansätze einzuleiten, die die Menschheit als einen sehr neuen Teil einer vier Milliarden Jahre alten Biosphäre anerkennen.

Maja Smrekar

Geboren 1978 in Slowenien.
Maja Smrekar absolvierte die Skulpturenabteilung der Akademie für bildende Kunst und Design in Zusammenarbeit mit der Akademie für Theater, Radio, Film und Fernsehen in Ljubljana, Slowenien, und hat einen Master of Arts in Video und neuen Medien. Ihre Arbeit wurde im internationalen Kunst- und Wissenschaftsmilieu durch interdisziplinäre Erforschung ideologischer Strukturen in der Gesellschaft etabliert.

Ihre auf Skulptur basierende Praxis hat es ihr ermöglicht, Kooperationen bei der Entwicklung konzeptübergreifender Produktionen zu leiten, die Performances, Installationen, ortsspezifische Kunst, Zeichnungen, Videos, Ton sowie Beiträge zum Wissensaustausch in Vorträgen, Vorträgen und Texten umfassen. Sie war Gastprofessorin an der Abteilung für Bildhauerei der Akademie der bildenden Künste und des Designs in Ljubljana, Slowenien (2018 – 2019) und Gastdozentin am Interface Culture Lab des Instituts für Medien der Universität für Kunst und Design in Linz, Österreich (2018).

Lucie Strecker

Geboren 1977 in Berlin.
Lucie Strecker arbeitet als Künstlerin und Forscherin in den Bereichen Performance Art und BioArt. Sie ist Fellow der Berliner Universität der Künste und hat eine leitende Postdoc-Position am Art & Science-Institut der Fachhochschule Wien inne. Sie leitet das PEEK-Projekt „The Performative Biofact“ des FWF Elise Richter. Sie ist Mitglied des Arts in Medicine Program der Medizinischen Universität Wien und arbeitet mit Klaus Spiess zusammen. Ihre Performances und Installationen wurden unter anderem im Tanzquartier Wien und im Haus der Weltkulturen, Berlin, gezeigt.

Streckers Arbeiten wurden mit dem ZIM Performing Science Prize und einem Prix Ars Electronica Honorary Mention ausgezeichnet. Sie hat über ihre Arbeit in Performance Research, The Lancet und bei Diaphanes-Verlagen geschrieben und Gastvorträge an der Universität der Künste Berlin, der Medizinischen Universität Wien, der Victoria University of Wellington und dem Interuniversitären Zentrum für Tanz Berlin gehalten.
 

Franco Vaccari

Geboren 1936 in Modena.
Fanco Vaccari ist ein italienischer Künstler und Fotograf. Er lebt und arbeitet in Modena, studierte Naturwissenschaften und Physik, bevor er Künstler wurde. Seine Arbeiten wurden auf vier Biennalen in Venedig (1972, 1980, 1993, 1995) gezeigt und unter anderem im Centre Pompidou in Paris und im MoMA, PS1 in New York, vorgestellt. Darüber hinaus ist er ein etablierter Kritiker und Schriftsteller und bekannt für seine kritischen Essays zum Thema Fotografie.

Seit Mitte der sechziger Jahre experimentierte Vaccari mit einer neuen Art der Fotografie: nicht mehr mit mimetischen oder repräsentativen Absichten, sondern als Zeichen, als Spur einer Präsenz, einer Erfahrung. Unter den wiederkehrenden Themen aller Arbeiten von Vaccari finden sich die offene Beziehung zwischen der Arbeit und dem Betrachter (die häufig an der Erstellung der Arbeit / Ausstellung beteiligt ist), der kritische Einsatz von Massenmedienwerkzeugen und die besondere Aufmerksamkeit für den räumlichen Kontext.

Peter Weibel

Geboren 1944 in Odessa.
Peter Weibel wuchs in Oberösterreich studierte zunächst für ein Jahr in Paris Französisch und französische Literatur, begann dann 1964 in Wien das Studium der Medizin, bis er zur Mathematik mit Schwerpunkt Logik wechselte. Sein Werk lässt sich mehrheitlich in Kategorien der Konzeptkunst, der Performance, des Experimentalfilms, der Videokunst, Computerkunst und allgemein der Medienkunst fassen.

Peter Weibel verfolgt seine künstlerischen Problemstellungen in unterschiedlichsten Materialien, Formen und Techniken: in Texten, Skulpturen, Installationen, Filmen und Videos. So wendet er sich 1978 auch der Musik zu. Er gründet zusammen mit Loys Egg die Band Hotel Morphila Orchester. Mitte der 1980er-Jahre erforscht er die Möglichkeiten der computergestützten Bearbeitung von Video. Anfang der 1990er-Jahre realisiert er erste interaktive computerbasierte Installationen, mit denen er wiederum das Verhältnis von Medien und Wirklichkeitskonstruktion thematisiert.

In seinen zahlreichen Vorträgen und Artikeln publiziert Weibel über zeitgenössische Kunst, Mediengeschichte, Medientheorie, Film, Videokunst und Philosophie. Als Theoretiker und Kurator setzt er sich für eine Kunst und eine Kunstgeschichtsschreibung ein, die Technikgeschichte und Wissenschaftsgeschichte berücksichtigt. Als Kurator und Theoretiker widmet er sich von Anfang an immer auch den klassischen künstlerischen Gattungen – Malerei und Skulptur, zeigt und schreibt über junge Künstler/-innen ebenso wie über vergessene Protagonistinnen und Protagonisten, die er für die Kunstwelt wieder entdeckt.

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