Diese Abbildung zeigt einen Herrn, welcher vor dem Publikum eine Rede hält. Rechts von ihm ist das Straßenschild des Carl-Lutz-Weges aufgestellt.
Eröffnung des Carl-Lutz-Weges © Udo Mittelberger

Weg in Bregenz nach Carl Lutz benannt

Nach dem Beschluss der Stadtvertretung vom 24. Oktober 2019 erhielt das Wegstück zwischen Mehrerauerwald und Bahntrasse in Bregenz diesen Montag im Rahmen einer Gedenkveranstaltung den Namen "Carl-Lutz-Weg". Das Ereignis fand in der Oberstadt im Gebäude des Bundesdenkmalamtes statt, das während der NS-Gewaltherrschaft als Gefängnis diente.

Insgesamt waren hier bis 1945 rund 6.000 Menschen inhaftiert. Neben dem Ort hatte auch der Tag der Benennung einen historischen Hintergrund. Am 27. Jänner vor 75 Jahren wurde das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau durch Truppen der Roten Armee befreit. Die Stadt ehrt damit den Namen eines Schweizer Bürgers mit Bezug zu Bregenz. Carl Lutz (1895 – 1975) war von 1954 bis 1961 Konsul in der Vorarlberger Landeshauptstadt. Während des Zweiten Weltkrieges war er Diplomat in Budapest und rettete in dieser Funktion 62.000 ungarische Jüdinnen und Juden durch eine beispiellose Schutzbriefaktion vor der Deportation in NS-Konzentrationslager und damit vor dem sicheren Tod. Weil er dies aber ohne offizielle Genehmigung seines Heimatlandes tat und damit eine "Kompetenzüberschreitung" beging, wurde ihm zu Lebzeiten seitens der Schweiz keine entsprechende Anerkennung seines Wirkens zuteil. 

Erst 1995 – also 20 Jahre nach seinem Tod – wurde er von den Schweizer Behörden als vergessener Retter und Held rehabilitiert. Posthum wurden Carl Lutz diverse Ehrungen zuteil. Die vielleicht wichtigste fand 1991 in seiner früheren Wirkungsstätte Budapest statt. Dort wurde für ihn ein eigenes Denkmal errichtet. Für die Opfer des NS-Regimes gibt es zwischenzeitlich im ganzen Land Erinnerungsmarken, insbesondere auch in Bregenz. 

Am 11. März 1988, dem 50. Jahrestag des sogenannten Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich, wurde an der Seekapelle eine erste Gedenktafel für Opfer der Gewaltherrschaft angebracht. Sie erinnert an deportierte "Nichtarier", durch "Euthanasie" ermordete Kranke, an Menschen mit Zivilcourage, die wegen ihrer Werthaltungen verfolgt wurden und mit dem Leben bezahlten sowie viele andere.

Außerdem sind in Bregenz mehrere Verkehrsflächen nach Opfern benannt. So verweist etwa eine Gedenkstele beim Kriegerdenkmal auf den Wehrdienstverweigerer Ernst Volkmann. Ein Beispiel aus jüngerer Zeit ist die Enthüllung des von Nataša Sienčnik gestalteten Widerstandsmahnmals im November 2015 auf dem Sparkassenplatz. Es erinnert auch ausdrücklich an Wehrmachtsdeserteure und andere, die erst 2009 politisch und juristisch rehabilitiert wurden.

Und schließlich hat www.erinnern.at (Institut für Holocaust Education des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung) im Auftrag der Stadt ein eigenes Vermittlungsprogramm für Schülerinnen und Schüler, Studierende, Lehrende und andere Interessierte entwickelt.

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